Meisterbrenner 2006
Gemessen an seiner Bedächtigkeit ist unser neuer/alter Meisterbrenner auch ein Meister des
Zen und seine Destillate solche der Meditation. Sehr überrascht war Josef Hochmair
jedenfalls nicht als wir ihn mit der Nachricht konfrontierten, dass er wie schon im Vorjahr
Meisterbrenner geworden ist. Er scheint es irgendwie gewohnt die anspruchsvollsten
Ausscheidungen über Destillate zu gewinnen, seit Jahren. Unberührt vom Rummel, unbeirrt und
akribisch scheint er nach dem Besten zu trachten. Wir wollten von ihm wissen worin der
Unterschied zwischen ihm und seinen Kollegen liege oder konkreter: Warum gelingt Josef
Hochmair in zwei Jahren hintereinander nicht nur der Titelgewinn sondern auch eine jeweils
hervorragende Quitte, die trotz hohem Alkohol am Gaumen nicht im Mindesten brennt. Der
Meisterbrenner lapidar: "Vielleicht mach ich mir einfach mehr Gedanken als andere."
Es scheint bei Josef Hochmair eine Art Exzellenz in allen Bereichen der Schnapsherstellung
zu sein, die ihn am Ende zum Besten macht. Bei der Auswahl der Früchte, dem gekonnten
Vergären und Erschließen der Aromen, beim Einstellen der Brennanlage, bei der verwendeten
Technik, beim Abtrennen der richtigen Teile während des Destillierens und danach sowie
schließlich beim Verkosten und Einstellen der Trinkstärke, in jedem Detail macht er sich
"mehr Gedanken". Er ist Neuerungen Aufgeschlossen aber tendenziell konservativ, er tüftelt
aber macht keine Experimente. Zu misstrauisch sei er gegenüber Vorgängen, die er zu wenig
kennt, sagt er. Ideologische Festlegung ist ihm fremd. Ob ein Destillat zweifach gebrannt
wird oder über die Kolonne läuft ist für ihn keine Frage des Prinzips sondern des
Ergebnisses. Zwar arbeitet er meist mit der Kolonne, die Maische von Früchten mit wenig
Zuckergehalt brennt er jedoch bevorzugt doppelt.
Als Josef Hochmair wieder auf die Quitte zu sprechen kommt und eine Antwort auf die Frage
nach dem Erfolgsrezept zu geben versucht, meint er nachdenklich: "Vielleicht liegt der
Unterschied doch in der Qualität der Früchte." Als Bauer ist er vertraut mit dem
Fruchtanbau, und als Brenner pflegt er jahrelange Kontakte zu guten Lieferanten. In den
vergangenen Jahren zog es ihn vermehrt zu Bio-Bauern, selbst wenn diese nur selten
ausreichende Mengen liefern. "Manchmal hab ich fast den Eindruck, man sieht es den
Bio-Früchten an, dass sie eine Spur besser sein könnten", sagt der Meister, verneint aber,
dass das die Regel ist bei Bio-Früchten und gibt sich undogmatisch: "Wenn da Schnaps guad is,
dann derf er bio a no sei."
Hochmairs Quitten stammen aus biologischem Anbau, teils von eigenen Bäumen. Nach jahrelangem
Tüfteln glaubt er nun in der Kombination von Apfel- und Birnenquitte sein Glück gefunden zu
haben und das unsere. Damit vereint er "den robusten, quittentypischen und gerbstoffigen
Charakter der Apfelquitte mit den feinen, blumig-zitronigen Aromen der Birnenquitte". Dass
Hochmairs Quittenbrände die Kehle auch mit 48 % Alkohol durchaus sanft passieren liegt
sicher am gekonnten Verkosten und einstellen der Destillate eine Domaine der ganzen
Familie Hochmair. Nicht jede Frucht jedoch komme dafür in Frage, auch nicht jeder Jahrgang.
Von hochprozentigem Williams rät er ab. Quitte, Vogelbeere und Kirsche, vor allem wenn sie
einige Jahre gelagert wurde, eignen sich am besten. Alles eine Sache der Erfahrung und
Meditation. Vielleicht ist die Frage der Quitte also eine solche des Zen, und dazu braucht
es eben einen Meister. Solches Vertiefen in die Materie und Kommunikation mit den
Destillaten braucht wahrhaft einen Meister, des Zen.
Foto: Thomas Apolt
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